Oper


Marc Neikrugs Musiktheater »Through Roses« über einen Holocaust-Überlebenden im Tonne-Neubau (12. FEBRUAR 2018 – REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER/ARMIN KNAUER)

REUTLINGEN.
Diesen Musiktheaterabend wird so schnell niemand vergessen,der dort war.
Zu beklemmend das Thema, zu dicht die Bilder, die Enrico Urbanek dafür gefunden hat, zu eindringlich die instrumentalen Klänge, live gespielt von 8 Musikern der Württembergischen Philharmonie.

Dazu das intensive Spiel von Thomas B. Hoffmann, der mit seinem Geigenkasten verloren im Niemandsland des Tonne-Saals steht, mitten unterm (stehenden) Publikum; und das Spiel von Nora Vladiguerov, Verkörperung seiner Frau, deren Bild ihn verfolgt,die ihn umtanzt, die er auf Armen trägt,die er versucht, vom Tod zurückzuholen.
Und da ist ja auch noch der Chor, in einem singenden wie in einem schauspielernden inn. Eine Projektgruppe, von der Stimmbildnerin Ulrike Härter zusammengestellt: Sie sind die Herren und Knechte,sind Verfolger und Verfolgte, die in suchenden,tastenden Choreografien den Raum durchmessen, ein Ärmel abgerissen, ein Arm entblößt, verletzlich, gezeichnet als Schutzlose…
All dieser Aufwand für ein Einpersonenstück:»Through Roses« von Marc Neikrug,dessen kompletter Text auf fünf Din-A-4-Blätter passt. Doch gerade diese Verdichtung lässt das Thema umso verstörender hervortreten: den Holocaust,den großen Kulturbruch der Neuzeit und mit ihm die Frage, wie so etwas geschehen kann in einer Gesellschaft, die Mozart und Bach hervorgebracht hat.
Thomas B. Hoffmann spielt mit Trenchcoat und Hut den jüdischen Musiker,er diesen Kulturbruch durchlitten hat. Der als Häftling in Auschwitz für Nazischergen aufspielen musste – und vor den Gaskammern, um die Schreie der Sterbenden zu übertönen. Wo er ein letztes Mal seine Frau sah, als man sie auf einer Bahre zum Krematorium schob. Seine Frau, deren Bild ihn nun verfolgt – und die Frage, warum er damals nicht aufgehört hat, zu spielen…

Hinter alldem eine Schicht aus feinnervigen Klängen, die Pianist und Komponist Neikrug entworfen hat. Fahle hohe Töne, durch die Anklänge an klassische Streichquartettmusik durchwehen wie durch einen Vorhang von Schmerz. Dazu wundersames Raunen von Gongs und Metallstäben wie ein Signum des Rätsels, dass in Auschwitz Barbarei und Musik am selben Ort existierten. Mit einer leidenschaftlichen Genauigkeit spielen sie das unter der Leitung von Frank Zacher…
Der größte Geniestreich jedoch war, in jene Stellen, an denen diese Klangschicht verstummt – zarte, reine Sätze des Chors strömen zu lassen. Ein heiteres Volkslied. Einen dunklen Choral. Einen verzweifelten jüdischen Klagesang…

Wer erleben will, wie bildgewaltig,fesselnd, komprimiert und intensiv zeitgenössisches Musiktheater sein kann – hier ist die Gelegenheit. (GEA)

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Oper des Grauens (von Kathrin Kipp -Reutlinger Nachrichten 13.02.2018)
Reutlingen „Für das, was wir ertragen, ist jede Sprache stumm“

Tonne und Württembergische Philharmonie zeigen ein Stück über einen KZ-Geiger.

Kann man nach Auschwitz überhaupt noch Musik machen?
Wo sie ja von den Nationalsozialisten schwerst missbraucht wurde und ihre Unschuld verloren hat. Unter anderem, indem die KZ-Orchester den Gang ihrer Mithäftlinge ins Gas musikalisch begleiten mussten.
Marc Neikrug jedenfalls glaubte nach dem Holocaust offenbar nicht mehr an unschuldige Harmonien und sentimentale Wohlfühl-Töne.
Sein verstörendes, knapp einstündiges Musiktheaterstück (UA1980) feierte nun in der Tonne Premiere, in Zusammenarbeit mit der WPR und einem Projektchor.
Der namenlose Protagonist (gespielt von Thomas B. Hoffmann) war Musiksklave in einem KZ-Orchester. Das rettete ihm zwar das Leben, andererseits musste er durch die Rosen – „through roses“ – im Garten des Kommandanten mit ansehen, wie seine Frau in die Gaskammer getragen wurde. Neikrug hat die Seelenzustände des traumatisierten Geigers in atonale Musik und einen kryptischen Text gefasst…

Das kleine WPR-Orchester mit Streichern, Bläsern, Klavier und Schlagwerk spielt unter der Leitung von Frank Zacher einen hintergründigen und vielstimmigen musikalischen Erinnerungskosmos aus Entsetzen, Verlorenheit, Panik, Beschädigung,Trauer, Selbstquälerei, Tod und Abgestumpftheit – eine Stimmung, die zum Ausdruck bringt, dass nichts, aber auch gar nichts wieder gutzumachen ist. ..
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Die Letzten werden die Ersten sein
(Auszug “Opernwelt” Juni 2013, von Boris Kehrmann)

Eine Reise mit Tschaikowskys “Eugen Onegin” durch den Winter in den Frühling :
von Freiberg,Schwerin und Stettin nach Hannover, Bielefeld und Mainz

«Kudà, kudà…» Wohin, wohin man schaut: Eine Eugen Onegin-Welle schwappt durch die Republik. Nicht weniger als 10 Neuinszenierungen verzeichnet das Internetportal Operabase im Wagner-Verdi-Jahr, die Hälfte davon in den Monaten März/April.
Rechnet man das kurz hinter der vorpommerschen Grenze liegende Stettin dazu, sind es elf…
Der Moskauer Regisseur Dmitri Bertman unterlegt Tschaikowskys Szenen in seiner 1996 für das irische Wexford Festival geschaffenen, 1997 in Moskau sowie 2008 in Kaliningrad verfeinerten und nun auch in Stettin einstudierten Lesart palimpsestartig einen anderen Subtext: Tschechows Möwe. Deren Figurenkonstellationen sind unübersehbar, auch wenn die streng an Puschkins Biedermeier orientierte Ausstattung die Bezugnahmen verschleiert…
Auf den sechs Stationen unserer Onegin-Reise hinterließ der freiberuflich tätige Hallenser Frank Zacher im zur Zeit GMD-losen Stettin einen hinreißenden Eindruck. Trotz unkultivierter Hörner (die einzige Schwachstelle im vornehmlich russisch-ukrainisch besetzten Orchester der Stettiner Oper) musiziert er alle lyrischen und dramatischen Affekte der Partitur mit großem Raffinement aus : immer im Dienst der Charakterisierung von Personen und Situationen.

Da Stettin als einziges Haus zwei Pausen machte, statt (wie leider üblich) einer in der Mitte des zweiten Akts, gaben die Aktschlüsse und vor allem die Instrumentaleinleitungen der folgenden Akte ihren ursprünglichen Sinn wieder zu erkennen. Die Rekapitulation von Tatjanas Brief zu Beginn des zweiten, der Knalleffekt der Polonaise zu Beginn des dritten Akts sind typische Kurz-Ouvertüren oder Intros, um das Publikum vom Büffet wieder in die Handlung zu geleiten: Eine verblüffende Erfahrung und ein starkes Plädoyer für Respekt vor dem Komponistenwillen auch in dieser Frage…
Bei den Onegins hatte Stettins Rodion Pogossov das edelste Material.
…Zu überzeugen vermögen Joanna Tylkowska, die in Stettin mehr Stimme als Theaterblut hatte,.. [bei den Lenskis…] gefolgt von dem noblen Pawel Wolski …
Chorisch schossen Stettin mit leidenschaftlicher Klangfülle und authentischen Gesellschaftstänzen (die meisten Onegin-Tänze kommen aus Polen) sowie Bielefeld…den Vogel ab.
Stettin: Premiere am 22. März 2013
Musikalische Leitung: Frank Zacher
Inszenierung: Dmitri Bertman
Ausstattung: Igor Njeshny
Chor: Malgorzata Bornowska
Solisten: Ekaterina Oblezowa (Larina), Joanna Tylkowska (Tatjana), Malgorzata Kustosik (Olga), Maria Gerasimowa (Filipjewna), Rodion Pogossov (Onegin), Pawel Wolski (Lenski), Janusz Lewandowski (Gremin), Pjotr Zgorzelski (Triquet), Wieslaw Lagiewska (Guillot) u.a.
www.opera.szczecin.pl
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www.opernnetz.de 23.Januar 2008

Philipp Kochheim inszeniert Tosca zu Zeiten der Pinochet-Junta und selten wurde auf einer Bühne Staatsterror, brutale Gewalt, gesellschaftliches Elend und menschliche Qual in solch beklemmender Intensität gezeigt. Sadistisches Handeln, gnadenlose Brutalität werden in erschreckenden Details demonstriert, verletzen jedoch niemals die Grenzen zivilisierter Dezenz…
Das Darmstädter Ensemble setzt diese Vorgaben in bezwingendem Spiel um – singt mit höchster Emotionaliät und konzentrierter Gesangskunst…Chor und Kinderchor der Darmstädter Oper sind darstellerisch präsent und vermitteln grandiosen kollektiven Gesang.
In Heilbronn spielt das “Preußische Kammerorchester”, ein in Westdeutschland bislang wenig präsenter Klangkörper. Doch die Puccini-Interpretation – im Zusammenspiel mit der so emotionenträchtigen Bühne – ist geradezu sensationell.
Frank Zacher hat die Sänger permanent im Blick, leitet das reaktionssichere Orchester als gehe es um Filmmusik – nur: da wird nichts aufgezeichnet, da gilt die momentane Präsenz. Und da geht es auch um die so kontrastreiche Puccini – Musik – und da gewinnt das Orchester begeisternde Statur : balsamierend in den Streichergruppen, dramatisch aufbäumend die Bläser, nahezu perfekt im Zusammenspiel.

Das Heilbronner Publikum ist durch kontinuierliche Übernahmen bemerkenswerter Opern-Inszenierungen „eingeweiht” (vgl. dazu unser backstage) , reagiert aber zunächst einigermaßen geschockt, um sich dann auf das ungemein spannende Geschehen einzustellen. Beklommen nachhaltige Zustimmung ! (frs)
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Moshammeroper
NÜRNBERG – Dieter Stoll Abendzeitung Nürnberg 23.11.2008

Der kleine Yellow-Bildungsweg kann nicht schaden, um dieses raffiniert gedrechselte Stück Musiktheater mit der Realitätsverlustabschreibung in all seinen verästelten Andeutungen zu verstehen. Rudolph Moshammer, die schummrige Kunstlichtgestalt am Rande der Münchner Bussi-Szene, im Mittelpunkt eines Auftragswerkes zum Schlagzeilen-Nachhall. Beim Fürther Gastspiel der Neuköllner Oper hat das 2007 in Berlin unter großem Aufsehen uraufgeführte Werk nur ein einziges Problem – der Protagonist ist out. „Mosi“, die Skandalfigur, hat den Aufstieg zur Legende nicht geschafft. Da kann selbst das Theater nicht weiterhelfen.
Natürlich wurde die Textvorlage, die Ralph Hammerthaler für den holländischen Komponisten Bruno Nelissen schrieb, nicht einfach zur Doku-Soap nach Archiv-Abruf. Der Hauptdarsteller ist zwar ganz wie im richtigen Leben Herrenschneider mit Trend zum Aufschneider, aber er heißt Ludwig. So kann ein wenig Abglanz vom Märchenkönigsweg in die profan bürgerliche Gaga-Gesellschaft schimmern. Die resolute Mama taucht auf, das kläffende Wollknäuel heißt nicht Daisy sondern „Lazy“ und schnalzt schon mal am Gummiband quer über die Bühne. Wahrsagerin und Klatschkolumnistin stimmen den Ton an, der in solchem Ambiente die Musik macht. Zwei Shopping-Damen stülpen ihre Einkaufstüten über die Köpfe und der Ermordete hat vor allem ein Anliegen: „Ich muss den Tod parfümieren“.
Weit mehr als Parfümierung ist die Nelissen-Komposition, die vom Hojotoho-Anklang zum Dreivierteltakt und vom Disco-Feeling zum Instrumental-Rülpser keinerlei Berührungsängste kennt und den Darstellern richtiges Singe-Futter in die Handlung schaufelt…
Das 5-Personen-Kammerorchester unter Frank Zacher setzt dieses mitnichten neutönerisch stelzende, sondern flüssig melodiöse Satyrspiel mit Trauerrand pointiert um.

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Fürther Nachrichten, 22.11´08 (HANS VON DRAMINSKI)
Kulturforum : „Moshammeroper” der Oper Neukölln

Er war einer der schillerndsten Promis der Republik: der Münchner „Modezar” Rudolph Moshammer. Mit der „Moshammeroper” hat die Neuköllner Oper aus Berlin dem 2005 von einem Stricher ermordeten Paradiesvogel der Haute Couture ein schrilles Theater-Denkmal gesetzt, das heute letztmals im Kulturforum zu sehen ist….
Am Ende ist ihm alles zu viel. Zu viel Glamour. Zu viel Geld. Zu viel oberflächlicher Ruhm. Viel zu wenig Gefühl, zu wenig Inhalt. Deshalb setzt er selbst den Schlusspunkt. Sein Mörder ist nur Werkzeug, das der ungekrönte „König von Bayern”, Mittelpunkt eines zweifelhaften Starkultes, gegen sich selbst richtet.
Einen linearen Plot, eine stringente Handlung sucht das Publikum in der „Moshammeroper” so vergebens, wie der Protagonist den Halt auf jenem gewundenen Pret-a-por-ter, das als Bühne für ein längst aus den Fugen geratenes Leben dient…
Hammerthaler und Nelissen setzen auf ein dichtes Pasticcio prägnanter Szenen, die in der Summe das irritierende Psychogramm einer gespaltenen Persönlichkeit zwischen Manie und Depression vermitteln.
Nelissens Musik, die ein von Frank Zacher konzise geleitetes Kammerquintett konzentriert zum Klingen bringt, illustriert und kommentiert und bedient sich dabei der Klittertechnik der späten Postmoderne: Von der Zwölfton-Kantilene bis zum Ländler-Zitat, von der angedeuteten Mozart-Arie bis zum Techno-Loop findet sich hier fast alles – Spiegel jener diversifizierten Moshammer-Existenz, die letztendlich an sich selbst zersplittert. Eindrucksvoll, aber auch gruslig; man entdeckt, ohne es zu wollen, den Voyeur in sich.
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Die Neuköllner Oper Berlin zeigt in Fürth ihre „Moshammeroper”
Fränkischer Tag 22./23.Nov.2008 v. MONIKA BEER

Fürth
Wenn die „Tagesschau” über eine zeitgenössische Kammeroper berichtet, muss schon was dran sein. Ende August 2007 geschah das kleine Opernwunder, das so wundersam gar nicht mehr ist, wenn man weiß, dass es sich um die „Moshammeroper” drehte. Und als hätte man jetzt, pünktlich zum ersten Gastspiel der Uraufführungsproduktion auf süddeutschem Boden, am Timing gedreht, wird wieder diskutiert, ob König Ludwig II. seine Homosexualität ausgelebt hat oder nicht….
Die Oper dauert 90 Minuten, und es kommt schon deshalb keine Langeweile auf, weil Robert Lehmeier sie anspielungs-und einfallsreich und wie immer grundmusikalisch inszeniert hat.
Elf Szenen mit schrillen Society-Ladies, mit Kunden, Mama, Papa und dem Mörder schnurren ab auf der Guckkastenbühne, einem boudoirhaften Sarkophag und dem dazwischen ausgelegten Catwalk.
Die fünf Solisten überzeugen. Schräg klingt die voller Zitate steckende Musik. Ein Streichquartett und ein virtuoser Trompeter unter der kompetenten Leitung von Frank Zacher lassen, kombiniert mit Klang-und Stimmencollagen vom Band, ihre Instrumente in allen dynamischen Abstufungen dem Tod entgegengellen, -hecheln und -keuchen. Blackout. Beifall.

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NEUKÖLLNER OPER

Süddeutsche Zeitung, 25. August 2007 -WOLFGANG SCHREIBER

Die „Moshammeroper”, uraufgeführt in Berlin

…Anders als das Mitte Februar im Münchner Oberanger-Theater aufgeführte Musical ….wollen Hammerthaler, der niederländische Komponist Bruno Nelissen und Regisseur Robert Lehmeier auf der kleinen Spielstätte der Neuköllner Oper in Berlin den bereits vom Tod umfangenen Moshammer auferstehen lassen. Und es soll dabei gezeigt werden, was die Menschen in Moshammer sahen, den man im Januar 2005 in München triumphal zu Grabe trug, und was die Medien aus ihm machten. „Scharf hingeschaut”, findet Hammerthaler, „steckt in dieser Geschichte ein Drama über die Freiheit in Zeiten der Mediengesellschaft.”..

Moshammer heißt in der „Moshammeroper” Ludwig (Hubert Wild)…
Mit seinen insgesamt vier Mitspielern in der Neuköllner Kammeroper muss er obendrein mit den geringsten äußeren Mitteln auskommen: In der Mitte eines Saals für knapp 200 Zuschauer ah drei Seiten sitzt das komplette „Orchester”, also ein Streichquartett und ein Trompeter. Gespielt wird in minimalen Aktionen auf kleiner Bühne und auf dem roten, gewundenen Laüfsteg, der zu einem Himmelbett führt (Bühne: Markus Meyer)….
Zwei Darstellerinnen, genannt von Klunker und Klette, spielen eine Society-Dame und eine Klatschkolumnistin (Friederike Harmsen, Leigh Adoff). Sie verströmen, mit ihren Einkaufstüten fuchtelnd, Temperament und Sarkas-mus, indem sie im Duett schnattern und debattieren oder, nach dem Mord (der nicht gezeigt wird), ins Heulen geraten, das dann aber am Ende der Oper in grimmiges Gelächter mündet. Neben Ludwig und ihnen gibt es zwei Engel” genannte Spielfiguren, die mal die Mutter, mal eine Wahrsagerin oder den Vater und den Mörder darstellen (Regine Gebhardt, Markus Vollberg).
Real abwechslungsreich klingt die im Ganzen gewitzt gemachte Partitur, die der knapp 30-jährige Bruno Nelissen geschrieben hat.
Dirigiert von Frank Zacher, spielen sich die vier Streicher und der Trompeter die Zusammenklänge und Tonfiguren rasch zu, man steuert, bei aller musica po-vera, Klangfantasie und gelenkige Formenvielfalt an.
Es gibt alles, von der Solo-Nummer bis zum Quintett, und Nelissen, mit dem Stück als Sieger aus dem 10. Berliner Opern Wettbewerb der Neuköllner Oper hervorgegangen, hatte zusätzlich die Idee, Klangbuntheit und musikalische Zäsuren mit „brabbelnden” Promenade-Zwischenspielen vom Band zu schaffen…

Die Grundfrage einer Oper über Rudolph Moshammer kann auch der Komponist nicht beantworten: Wie erzeuge ich eine charismatische Bühnenspannung in der Figur und um sie herum? Vielleicht hätten Rosa von Praunheim oder Klaus Maria Brandauer, die im Publikum saßen, eine Antwort parat gehabt.
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NEUKÖLLNER OPER
Rheinische Post, 25. August 2007 – WOLFRAM GOERTZ

Das Musiktheater wird immer aktueller: Dem 2005 ermordeten Münchner Modemacher Rudolph Moshammer widmet die Neuköllner Oper in Berlin ein neues Werk von Bruno Nelissen und Ralph Hammerthaler. Das Opus ist zugleich heiter und überraschend tiefsinnig.”
BERLIN
…Die Komponisten von heute stehen in schrecklicher, fast nicht zu gewinnender Konkurrenz zu den Meisterwerken der Branche. IhrTrick: Sie verkürzen die Halbwertzeit zwischen dem öffentlich-politischen Ereignis und dessen Ver operung. So wird Gegenwart opernfähig – und massentauglich: John Adams komponierte „Nixon in; China”, Gerhard Rosenfeld schrieb „Kniefall in Warschau” über Willy Brandt, Frank Schwemmer eine Oper über Angela Merkel.
Experimentallabor der Moderne ist die Neuköllner Oper in Berlin, das führende Institut seiner Art in Deutschland. Während die drei großen Häuser Berlins in ihrem Repertoire erstarren, ist die Neuköllner Oper innovationslustig. Das sichert ihr Freunde, Feinde – und vor allem Aufmerksamkeit.

Moshammer, das Schickimicki- Schweinderl der Münchner Hoch- und Halbwelt, heißt nun Ludwig wie der Märchenkönig, trägt sein langes Haar offen; und ist gierig auf Liebe, die er schon in Kindertagen verlor und jetzt kaufen muss. „Wer mich liebt / den oh den / ‘küss ich bar auf die Hand.” So dichtet Hammerthaler, dessen Metaphern gar nicht abgedroschen klingen.
Nelissen hat ihm eine erlebniswache, bewegt zitierende und zugleich unverbrauchte Musik für Streichquartett und Trompete komponiert – bravourös gespielt von den Musikern unter Frank Zacher, die fast mitten im Publikum sitzen…Viel Jubel.

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Zünftiger Rock´n Roll am Märchenhof
[1.Projekt “Kinderoper in der Uckermark”]

Ohne Scheu vor unbekümmertem Agieren bringen junge Prenzlauer Peter Maxwell Davies’ “Cinderella” erfolgreich auf die Bühne (PETER BUSKE Uckermark Kurier 23.April 2007)

PRENZLAU.
“Wann geht’s denn endlich los ?” frage Kindermund ungeduldig. “Bald” antwortet der Vater genervt. “Aber die spielen doch schon !” trumpft der Sprössling zurück. Wie kann er wissen, dass es nur das Stimmen ist, was er für Musik hält? Dann geht der Vorhang auf: „Na endlich !”
Auf der Bühne fahrt eine Bimmelbahn aus märchenbunten Kulissenteilen in den Bahnhof…

Ein altbekanntes Märchen…, Sir Peter Maxwell Davies hat es als “Cinderella” zu einer vergnüglichen zweiaktigen Kinderoper vertont. Kinder und Jugendliche, die bislang kaum auf einer Bühne standen, noch mit Musik in Berührung kamen, haben sie unter der szenischen Anleitung von Ulla Theissen und der musikalischen Unterweisung durch Frank Zacher einstudiert und mit großem Erfolg…aufgeführt…
Bei ihr wie allen anderen muss man natürlich Abstriche bei der Bewältigung der musikalischen Anforderungen machen. Doch auch dabei wird das Unfertige zur (funktionierenden) Gestaltungsidee erhoben, so dass die überwiegend rezitativisch angelegte Musik mit ihren schwunghaften Songs und manch eingängigem Lied dennoch ihre Wirkung nicht verfehlt.
Zusammen mit den zehn Profis vom Preußischen Kammerorchester musizieren elf Kinder und drei Studenten überaus hörenswert und mit Begeisterung die anspruchsvolle Musik…
Goßes Schlusstableau. Anhaltender Beifall für das rein rotarisch finanzierte Projekt im Rahmen des Wettbewerbs „Kinder zum Olymp” der Kulturstiftung der Länder.
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Deutsche Bühne 2004 (Peter Buske)
Kolportagestory ohne Kommentar
Versuch der Reanimation von Kreneks Zeitoper „Jonny spielt auf” am Landestheater Neustrelitz

„Nun ist die Geige mein!” Wenn der farbige Jazzbandmusiker Jonny in Ernst Kreneks „Jonny spielt auf” seinen Triumphgesang anstimmt, dann besingt er den Sieg der Neuen Welt über die alte: ..
Inszenierung von Wolfgang Ansel am Landestheater Neustrelitz. Er entstaubt das Original des einstigen Bühnenhits, indem er die Handlung kommentarlos aufs Wesentliche konzentriert, Seelenkitsch von der Bühne verbannt, die Gletscherszenen als Sinnbild für Abgeschiedenheit und künstlerischen Intellektualismus eliminiert, Tingeltangel von der spartanisch ausstaffierten, bauhausnahen Szene fern hält. …..
Was sich in schnellen Verwandlungen abspielt, hat zwar inneres Tempo, kann aber die Schwächen des trivialen Textes (vom Komponisten) nicht vergessen machen. ..
Faszinierend hingegen, wie die Neubrandenburger Philharmonie unter Frank Zacher die Kreneksche Mischung aus Shimmy und Blues.Schrekerscher Edelsüße und atonalen Schönberg-Sticheleien präzise und geschmeidig auskostet. Da wird noch in kompaktesten Stellen kammermusikalische Delikatesse gewahrt, eindrucksvoll das Tempo der zwanziger Jahre beschworen. Schmachtend bis aufbrausend begleitet Zacher die Liebesgockeleien des Geigenvirtuosen Daniello (Johannes Schwärsky), gestaltet das hämische Frohlocken des Fieslings Jonny (baritonbalsamisch: Serge Novique) nicht weniger prägnant.
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Subtiles Kammerspiel im Betonbunker
Enthusiastisch gefeierte „Tosca”-Premiere am Landestheater Mecklenburg Neustrelitz

Von unserem Mitarbeiter Peter Buske (28.01.2002)

Das Rätselraten beginnt, noch ehe die grellen Akkordblöcke mit dem Scarpia-Motiv den Beginn von Puccinis deutsch gesungenem Opernkrimi ..Tosca”” im Landestheater Neustrelitz….
(das Publikum ).. delektiert sich an den Leistungen der Sänger, die in der stilisierten, atmosphärisch kalten, aus grauen Betonquadern bestehenden Bunkerszenerie (Pascale Arndtz) versuchen, trotz konventioneller Arrangements bis hin zum Rampensingen, ihr Bestes zu geben. Allen voran die in Neustrelitz bestens bekannte Fabienne Jost in der Titelrolle, deren divenhafter Auftritt (ganz in Weiß) und fortan bühnenbeherrschende Erscheinung allen Bravojubel verdient. Anfangs in ihrer Eifersucht noch etwas zurückhaltend, steigert sie sich zunehmend in den lyrischen Liebesrausch ……

Musikalische Unterstützung erhalten sie durch die Neubrandenburger Philharmonie unter Leitung von Frank Zacher, der das knallige Musikdrama dynamisch auf ein subtiles , zuweilen sehr breit musiziertes Kammerspiel zurückfährt
Dem Gewinn an Feinheiten, Transparenz und Klarheit steht allerdings der Verlust an dramatischer Wucht, Schärfe der Akzent und knackigen Orchesterfarben gegenüber.
Packend jedoch das kraftvolle coram publico angestimmte …
Te Deum….

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Liebenswerter Theaterspaß

Neustrelitzer „Wildschütze-Premiere von Bravo-Rufen überschüttet
(Peter Buske /Nordkurier, Neubrandenburg /DAS ORCHESTER 3/ 02 )

„So munter und fröhlich wie heute”, wovon der Chor der Landleute „beim Tanze, beim Weine” singt, hat man das Ensemble des Landestheaters Neustrelitz schon lange nicht mehr erlebt.
Vergnüglich breitet es Albert Lortzings Der Wildschütz als eine liebenswürdige und unterhaltsame Spieloper aus. Fast auf den Tag genau zum 100. Geburtstag des Komponisten … tollt sie voller Witz, Lust und heitrer Laune, aber nicht überdreht (Regie: Wolfgang Ansel) über die lichthelle, von duftiger Farbigkeit erfüllte und sparsam ausstaffierte Bühne (Ausstattung: Peter Heilein).
Der einfallsreiche Theaterspaß … wird bei der Premiere … verdientermaßen mit Bravorufen gefeiert.
Was Lortzing unbekümmert, gemütvoll und herzerwärmend vor sich hin singt, findet seine Entsprechung in einer überzeugenden Leistung aller Beteiligten. Die lassen beim Singen und Agieren keinerlei biedermeierliche Betulichkeit aufkommen, sondern schütteln fast pausenlos Leichtigkeit und Lebendigkeit aus den musiktheatralischen Ärmeln. Fantastisch!…
Dem Spaß am Bühnengeschehen, …. entspricht der Spaß am Musizieren.
Zusammen mit der Neubrandenburger Philharmonie erfühlt und erfüllt Frank Zacher den gemütvollen Geist der Musik ausgezeichnet. Ohne je dick aufzutragen, gehen sie flink, dezent, feinsinnig, sehr warm getönt, elegant und differenziert zu Werke…
Daran hätte Lortzing sicherlich seine helle Freude gehabt.

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Nuancenreich und bunt
Opulent: Giacomo Puccinis »Turandot« in der Aschaffenburger Stadthalle
(24.02.2000)
Giacomo Puccinis letztes Opernwerk »Turandot« fand in der Aschaffenburger Stadthalle eine glanzvolle Aufführung durch das Vogtland-Theater Plauen, das mittlerweile zu den Theater-musikalischen »Stammgästen« in unserer Stadt gehört und stets wertbeständige und hervorragende Leistungen vollbracht hat.
Nicht anders war es bei dieser Aufführung der »Turandot«, die in der Tat ein glanzvolles Theater-Ereignis war und am Schluss begeistert mit Bravorufen umjubelt wurde.
Dies lag wohl in erster Linie an der ungeheuren Dichte, gemischt mit Dramatik, Realität und Schärfe,…
Hauptträger dieses spannungsreichen Miteinander waren das Philharmonische Orchester des Vogtland-Theaters und der stark besetzte Chor (Opernchor, Singakademie Plauen, Kinderchor) unter der strikten Leitung von Frank Zacher, der sehr engagiert dirigierte und für nahtlosen Zusammenhang zwischen Bühne und Orchester sorgte. ..In puncto Lautstärke tat er sich allerdings keinerlei Zwang an, was letztlich zu Lasten der Textverständlichkeit bei Sängern und Chor ging. Aber, was sollte er anders machen angesichts der opulenten Orchesterbesetzung, die Puccini gerade bei diesem Werk verlangt, und den damit eng verbundenen dramatisch-drastischen dynamischen Entladungen, die Puccini in seiner Partitur fordert, um spezielle Ausdrucksmerkmale und besondere Stimmungsmomente bildhaft zu illustrieren?….
Ungeheuer feinsinnig zeichnet die Musik jede Gefühlsregung von tiefster Verinnerlichung bis hin zu ekstatischen Ausbrüchen nach, wobei die gesamte Palette orchestraler Klangfarben, einschließlich eigener instrumental-solistischer Effekte (rauschende Harfen-Glissandi, oktayierte Einstimmigkeit bei den Holzbläsern, gestopfte Trompeten, wuchtige Schläge der großen Trommel), angewandt wird…

Alles dies kam bei der fulminanten Wiedergabe der »Turandot« durch das Vogtland-Theater klangmächtig und farbig zum Vorschein. …….
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Turandot-Premiere in Zwickau
Vogtland Theater stürmisch gefeiert
ZWICKAU/PLAUEN. – (31.05.99 , Olaf Meyer)

Es ist das uralte Spiel von Liebe und Haß, das Puccini in seiner letzten, sehr populären Oper „Turandot” nach einer Dichtung von….
Die Oper blieb unvollendet, den Schluß schrieb nach Puccinis Tod 1924 der italienische Komponist Franco Alfano nach überlieferten Skizzen.
Die glanzvolle Uraufführung der weltweit sehr viel gespielten Oper erfolgte am 25. April 1926 unter Stabführung von Arturo Toscanini in Mailand. …
Die Inszenierung des Vogtland Theater Plauen bestach musikalisch wie auch schauspielerisch.
Hervorragende Stimmen, hier sollen insbesondere Angela Rossetti, Sopran, als katlherzige, herrische, unpersönliche Prinzessin, Jürgen Müller, Tenor, der den Prinzen Kalaf sehr männlich, selbstbewußt verkörperte, Andreas Lettkowsky, Baßbariton, der trotz seiner schweren Krankheit fürstliche Würde bewahrte, und Judith Schubert, Sopran, die besonders durch ihre weiche, liebevolle Fraulichkeit bezauberte, namentlich genannt werden.
Eine beeindruckende Leistung bot auch das Philharmonische Orchester des Vogtland Theater Plauen unter Leitung von Frank Zacher durch eine sehr gute, sichere und in allen Phasen der Handlung angepaßte Begleitung
In der Regie von Matthias Pohl und der Dramaturgie von Uwe Fischer wurde die Zwickauer Premiere ein großartiger Erfolg, der vom begeisterten Publikum mit fast achtminütigem Applaus gefeiert wurde.
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Kurier-Kultur
Mit Schwung und Innigkeit
„Der Freischütz” aus Plauen in der Stadthalle (Nordbayerischer Kurier 02.03.99)
BAYREUTH Von Frank Ptontok

„Oh, es ist unsäglich, was uns Weber genützt hat. Und es wird so wenig anerkannt” Richard Wagner hatte, als er Cosima diesen Satz in ihre Tagebücher hineindiktierte, wie so oft recht. Weber, dieser einzigartige Mensch und Musiker ……… Aber seien wir froh, daß wenigstens «Der Freischütz” seinen festen Repertoireplatz hat.
Auch das Vogtlandtheater Plauen hat ihn im Programm, nun gastierte es mit der Produktion in der ausverkauften Stadthalle,….
Interessanter wird es natürlich auch dort, wo es um das Eigentliche, die Musik, geht.
Frank Zacher und das Philharmonische Orchester des Vogtland-Theaters interpretieren Webers subtile Partitur mit Schwung und dem rechten Maß an Innigkeit ,wer nur eines davon vermissen läßt, ist mit dieser Musik aufgeschmissen, die ernst genommen werden muß. Agathes erste Arie, jenes legendäre „Leise, leise”, wird – dies zum Exempel – nicht sentimentalisch verschleppt, auch vom Orchester ganz wunderbar intoniert…

Auch Martin Fuhrmann, der dem Erbförster Cuno die recht sichere Stimme verleiht, muß innerhalb des sehr einheitlichen Ensembles – den guten Chor nicht zu vergessen – erwähnt werden. Wenn diese Leistungen beispielhaft für das Provinztheater stehen, so wird der Begriff der „Provinz” dankenswerterweise seines Unsinns beraubt.
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Ein Abend, der den Grünröcken gehört (23.11.98 )
„Der Freischütz” von Carl Maria von Weber gilt als die deutsche Oper schlechthin
Mehrfacher Szenenapplaus für Vogtland Theater Plauen
Von Volker Müller

REICHENBACH. In fernen Ländern wie Japan oder Australien gilt der „Freischütz” von Carl Maria von Weber als die deutsche Oper schlechthin, ja, nicht selten sogar als anschauliche Verkörperung unseres Nationalcharakters. Die gut besuchte Aufführung des Stücks am Samstag im Neuberinhaus, ein Gastspiel des Vogtland Theaters Plauen, war bestens geeignet, Wohl und Wehe einer solchen Einschätzung deutlich werden zu lassen……
Strahlende Chöre, innige Arien
Am Ende, nachdem Fürst Ottokar Gnade vor Recht ergehen läßt und das Liebesglück und der berufliche Aufstieg von Max nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben werden, sind wir dann ein großer Gesangsverein, ein Jubelchor, der den Posaunen von Jericho nicht allzuweit nachsteht……
Mit Ausnahme der liebevoll verulkten Jungfernkranzszene nimmt die Plauener Inszenierung von Michael, Apel die romantische Nationaloper ernst und scheut auch beim gruseligen Bühnenbild der Wolfsschluchtszene (Klaus Weber) keine Mittel und Wege, Märchen und Sagenhaftes wirkungsvoll in Szene zu setzen…
Gesungen wird durchweg gut, wobei Judith Schubert als Agathe, die die leisen Töne nach Belieben beherrscht, und Andrea Moon als Ännchen mit ihrem strahlendem Sopran sich ideal ergänzen.
Der junge Bariton Andreas Lettowsky als Kaspar ist überragend, wenn es auf der Bühne um Tod und Leben geht, während Volker Hörn als Max ansehnliche tenorale Kraft besitzt, leider aber darstellerisch zu blaß bleibt. Der kräftige Chor weiß sich im Laufe des Abends in allen Belangen ausdrucksvoll zu steigern – mit Ausnahme der Textverständlichkeit.
Das Orchester unter dem musikalischen Leiter Frank Zacher glänzt insbesondere durch inspiriert musizierende Holzbläser und hat Streichsolisten in seinen Reihen, die die gefürchteten „Freischütz”-Arien sicher und mit Seele begleiten können.

Das Publikum spendete häufig Szenenapplaus und war auch zum Schluss des Lobes voll.
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Aschaffenburg (Das Orchester 7-8 ´97)
Spannungsreiche, doppelgesichtige Oper
Vogtland Theater Plauen brillierte mit Strawinskys „The Rakes Progress”

Wieder einmal brachte das Vogtland Theater Plauen … eine Opern-Aufführung voller Eindruckskraft auf die Bühne der Aschaffenburger Stadthalle. ..
Strawinsky hat in dieser Oper eine Musik geschaffen, die (ganz wie die Handlung) ein doppeltes Gesicht zeigt……
Dieses kompliziert in die Theaterpraxis umzusetzende Stück verlangt von der Regie eine gehörige Portion an Einfallsreichtum und von den Akteuren ein Höchstmaß stimmlicher wie körperlicher Anstrengung..
Judith Schubert (Ann), Jürgen Müller (Tom Rakewell), Hans-Georg Priese (NickShadow) und Claudia Tuch (Türkenbaba) bildeten das die gesamte Oper tragende Solisten-Ensemble, das unter nahezu grenzenlosem Einsatz die ihm übertragenen Parts mit echtem Leben erfüllte. … Abgesehen von der Schwierigkeit, den Text verständlich über die Rampe zu bringen (Ausnahme waren hier die Rezitative), musizierte das Ensemble glänzend aufeinander abgestimmt, strömend in der Stimmführung und stets ebenmäßig im Klang. Es war einfach schön, ihm zuzuhören…
Einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen dieser Aufführung leistete das Philharmonische Orchester des Vogtland Theaters, das hierbei weitgehend kammermusikalisch-durchsichtig zu musizieren hatte. Oft bestand der Orchesterpart nur in paarweise solistisch angelegten Einsätzen der Bläser, wobei die Hölzer (Flöten, Oboen, Fagotte) ebenso delikat und kultiviert bliesen wie die sauber intonierenden Hörner, was bisweilen extreme Anforderungen an die Musiker stellte, die jedoch ohne Mühe gemeinsam mit den im Klang üppigen, dennoch dezent mitgehenden Streichern bewältigt wurden.
Am Pult wirkte Frank Zacher, der kapellmeisterlich jederzeit Herr der Lage war, für dynamischen Ausgleich sorgte und trotz lebhaften Trubels die rhythmisch diffizile, raffiniert verfeinerte Musik Strawinskys unter Kontrolle hatte.

Nimmt man zu dem musikalischen Ablauf und der klugen Regie (Wolfgang Ansel) das glänzend auf die Handlungsabschnitte eingestimmte Bühnenbild einschließlich der partiellen Beleuchtungs-Effekte hinzu, kann man dem Vogtland Theater Plauen zu dieser gelungenen Opern-Aufführung nur gratulieren.
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Jedermann – Gefangener seiner selbst
Zwiespältige Premiere von Igor Strawinsky Oper „The Rakes Progress”
am Vogtland Theater Plauen (Horst Phillip 18.02.97 )

Ein Haus mit winzigem Gärtchen, einem kleinen Hof gleich einer Terrasse, eingegrenzt von einem quer über die Bühne reichenden Zaun – das ist die Welt von Vater Trulove und Ann, seiner Tochter zu Beginn der Aufführung von Igor Strawinskys Oper „The Rakes Progress” am Vogtland Theater Plauen zur sonntäglichen Premiere. Wenn dann von Tom Rakewell auch noch gefordert wird, eine wie zu erwarten eintönige Beschäftigung anzunehmen, um Ann als Frau zu bekommen, kann der nur den Kopf schütteln.
Tom Rakewell, ein Jedermann, verschreibt sich der Gunst von Frau Fortuna. Er meint, ihr Füllhorn sei für ihn da. Von dem Moment an ist er in der Inszenierung von Wolfgang Ansei in der Ausstattung von Gerhard Ziegler der Gefangene seiner selbst. Er folgt dem Glück verheißenden Nick Shadow, der nichts anderes als der Teufel ist und zugleich das Gestalt gewordene Alter ego von Tom. Der Rakewell Jürgen Müllers tangiert Gestalten wie Faust oder Peer …….er läßt sich führen und wird verführt.
Der unaufhaltsame Abstieg der Persönlichkeit folgt auf dem Fuße. Hans-Georg Priese braucht als Nick Shadow keine Insignien des Teufels, er spielt ihn über die verschiedenen Haltungen, eifrig, überlegen, dienend, aber zugleich auch herrschend und hat doch seine Freude dran – am Jedermann, der sich fast immer wie Wachs von ihm kneten läßt.
Beide erweisen sich auch als stimmkräftig, Müller oftmals mit einem Crescendo in die hohen Töne gleitend, Priese in klanglicher Direktheit, beide aber im Wechsel von lyrischen und dramatischen Farben.Dadurch kann Frank Zacher dem Philharmonischen Orchester auch oftmals Gelegenheit zum mächtigen Forte geben, ohne daß die Sänger beeinträchtigt würden oder Transparenz verloren ginge.
Zacher läßt spannungsreich und nuanciert musizieren und auch die solistischen Passagen klangvoll ertönen…
Das Publikum im nicht ausverkauften Vogtland Theater nahm die Premiere mit lang anhaltendem Beifall und vielen Bravi auf.
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Happy-End für alle (19.06.96 Günther Schliwa)

PLAUEN. – Es lebe Gaetano Donizettli „Der Liebestrank”, seine bekannteste und meistgespielte Oper, hatte am Sonntag Premiere im Plauener Vogtland Theater und war so recht nach dem Geschmack des Publikums… Für die Plauener Neuinszenierung wurde sie von Regisseur Rainer Wenke und Regieassistentin Sylvia Mannigel noch einmal bearbeitet: Aus den Rezitativen im Parlandostil wurden gesprochene Dialoge, was zu zügigem Ablauf beitrug….
In der Premierenaufführung stimmte einfach alles:
Beschwingt musizierte das Philharmonische Orchester des Vogtland Theaters unter Frank Zacher die heiteren Melodien Donizettis gingen ins Ohr……

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„Was klagt ihr?”
ZWICKAU. – 08.06.95 O.M.

Von allen erfolgreichen Opern Verdis ist „Nabucco” wohl die erfolgreichste. Und erfolgreich war die Premiere der Oper am Freitag Abend im Zwickauer Gewandhaus.
In einem Gastspiel des Vogtland Theaters Plauen begeisterten Solisten, Chöre und Orchester im nahezu ausverkauften Haus…..
Bereits in der Ouvertüre wird das stolze Bekenntnis eines Volkes, das man zwar unterwerfen, dessen Rückgrad man aber nicht brechen konnte, hymnenartig deutlich…
Unter dem Dirigat von Frank Zacher spielte das Philharmonische Orchester des Vogtland Theater Plauen sehr präzise und mit bemerkenswerter Anpassungsfähigkeit an Solisten und Chöre…
Insgesamt war die Aufführung des „Nabucco” ein beeindruckendes Opernerlebnis für das Zwickauer Publikum.

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Dr. Dieter David Scholz
Tel. 030/ 453 48 16 Fax (030)454 2163
Berlin, 19.12.1994
Rezension für MDR-Kultur, Frühstücksjournal” am 20.12.1994:
“Ritter Blaubart“ (Qffenbach) – Vogtlandtheater Plauen, Prem. 18.12.1994

Nachdem die Komische Oper in Berlin vor zwei Jahren die legendäre Inszenierung des Offenbachschen “Blaubart” von Walter Felsenstein, die fast 30 Jahre hindurch mit dem größten Publikums-Zuspruch an die vielhundertmal gezeigt wurde, nachdem die Komische Oper dieses Markenzeichen Felsensteins und seines Hauses 1992 sang und klanglos, vor allem grundlos in der Versenkung verschwinden lies, muß man in die sogenannte Provinz fahren, um Offenbachs funkensprühende Bearbeitung der blutrünstigen Blaubart-Legende zu erleben.
……auch an kleinen Häusern besetzt und zufriedenstellend realisiert werden kann, wie eben auch die Neuproduktion am Vogtlandtheater in Plauen zeigt, ……
Freilich: die sarkastischen Untertöne, das beängstigende Rumoren im Untergrund, die beißende Zeitkritik des “Blaubart”, die einst einen Karl Kraus so faszinierte, die politischen Warnschüsse dieser Opera-bouffe und ihres Humors, dem nicht zu trauen ist, sie bleiben in Plauen unverstanden und verborgen. Auf der Bühne jedenfalls!
Aus dem Orchestergraben hingegen tönte ein Offenbach von weit schärferer Kontur und vielschichtigerer Dimension.
Mit Frank Zacher am Pult des Philharmonischen Orchesters des Vogtland Theaters hatte Offenbach einen kompetenten und temperamentvollen Anwalt seiner Opera Bouffe gefunden, wie man ihn selbst an größeren Bühnen nicht oft findet. Die Rasanz, mit der der junge Dirigent durch Offenbachs musikalische Blaubart-Parodie fegte, die stürmische Dramatik, zu der er sich hinreißen ließ, der Ernst; mit dem er sich Offenbachs differenzierter und intelligenter Partitur annahm ohne deswegen humorlos zu sein, verhalfen der Aufführung zu außergewöhnlich erfreulicher Qualität; die auch von Chor und Solisten des Plauener Theaters nicht enttäuscht wurde….

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Die Deutsche Bühne (65.Jahrgang Nr.4 April 1994 – Thomas Delek)
La Boheme

Zuletzt Plauen. An der deutsch-deutschen Grenze magerte die Stadt auf unter 70 000 Einwohner ab, aber das alte Stadttheater aus den prosperierenden, guten Zeiten, es steht noch. Gegenüber, zwanzig Minuten die Autobahn herabgerutscht, zieht das bayerische Hof ein neues Theater hoch, 80 Millionen Mark für eine vorzügliche Architektur, ein schöner, strahlender Bau, fast fertiggestellt. Das neue Hof-Theater, das alte in Plauen, beide gleichgroß, so um die 500 Plätze… Sie nehmen sich gegenseitig nichts, keine Konkurrenz, erstaunlich, aber so ist es. Die aus Bayern strömen nach Hof. Die aus Sachsen nach Plauen. Man hat sich sogar schon einmal die Hand geschüttelt, von Theatermensch Ost zu Theatermensch West, dann war ein kleiner Austausch und dann war nichts mehr und dabei blieb es. – Bautzen ruft: Lausitz, Annaberg kräht: Ober-Erzgebirge, die in Plauen nennen sich: Vogtland-Theater, aber das Publikum ist städtisch: Plauener, ganz offenkundig geübte Operngänger, fast ein Anflug von Noblesse und Weitläufigkeit.
Es gibt: „La Boheme”, keine bilderstürmerische, keine intellektuell überbordende Unternehmung. Trotzdem eine exzellente Aufführung, süperb besetzt (für ein Theater dieser Größe), und eine vorzügliche Orchesterleistung.(Frank Zacher) Puccini unsentimental, mit ein wenig getragenem Ernst versetzt und die Inszenierung eine enorme Fleißarbeit.
Felsensteins Gründlichkeit, Felsensteins Anspruch winkt aus dieser Arbeit, wie bei so vielen Produktionen in der einstigen DDR. So präzis, so ausgetüftelt und nichts dem Zufall oder dem Gebärdenrepertoire der Sänger überlassen ist das in der alten Bundesrepublik nur ganz selten zu haben. Zu Beginn jeden Akts, die Protagonisten schon an Ort und Stelle, läßt der Regisseur (Wolfgang Ansel) aus Henry Murgers Roman vorlesen (der Puccini als Vorlage diente). Die wenigen Sätze langen hin, den Kitsch Puccinis abzuräumen, die Figuren ins Lebensechte und zugleich ins Zweifelhafte zu ziehen – ein gescheiter Einfall, eine beträchtliche Interpretations-Rückung durch einen simplen Trick…
Auch dieses Theater, das ist an seinen Besuchern zu spüren, strotzt vor Vitalität, hat Ausstrahlung. Nur wie kurios – die Theaterleute selber scheinen es nicht zu bemerken, nicht hier, nicht in Freiberg oder Annaberg; eingefallenes Selbstbewußtsein. Existenzangst. Überflüssigkeits-Gefühle: Wozu eigentlich noch Oper, die teure Oper« Wie seltsam. Als ob sie ihren eigenen Zuschauern noch nie ins Gesicht gesehen hätten, gleich nachdem der Vorhang gefallen war.
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Puccini, ein wenig geschrumpft
„La Boheme” hat im Vogtland Theater Plauen Premiere

Von unserem Mitarbeiter Hannes Roch (Freie Presse 23.Februar 1994)

Puccinis meisterliche Oper nun am Vogtland Theater Plauen. Und man ist, nachdem man sie gesehen hat, zwiegeteilt. Zum einen: Allein, dieses Werk auf die Bühne zu bringen, ist schon verdienstlich, und gar so schlecht, wie sie Konwitschny -Verehrer machen werden, ist die Inszenierung nicht. Zum anderen: Die sängerische Herausforderung ist groß, an ihr wächst das gesamte Ensemble, vorausgesetzt, der einzelne ist zum Wachsen bereit und imstande, es hat jeder seine Grenzen. „La Boheme”, eine Geschichte, die sich der Aktualisierung entzieht, die im Paris einer vergangenen Epoche spielt.
Die Boheme, mit der wir es zu tun haben, wird durch ein Männerquartett repräsentiert….
Die Inszenierung Wolfgang Ansels vermeidet gottlob alle Sentimentalität, die so gefährlich nahe liegt……
Puccini fordert seine Sänger, und er setzt voraus, daß sie seine Ariern mühelos beherrschen, ja, er verlangt selbst das gefürchtete hohe C. und das nicht nur geradeso. In sängerischer Hinsicht am souveränster war Isabell Ma-Zach als Musette Sie gab ihrer Figur auch das nötige Temperament, und sie zeigte Gefühl dort, wo es ihr angebracht schien. Mimi tat sich da, schon partiebedingt, schwerer. Das Herrenquartett kontrastierte vom Äußeren her recht gut, und jeder formte soweit Partie und Vermögen es zuließen, seine Figur, doch beim Singen zeigten sich deutlich Grenzer und Unterschiede, vor allem, wenn es in die Höhe ging. Ullrich Behnke zeigte sich dem noch am ehesten gewachsen…
Uneingeschränktes Kompliment dem philharmonischen Orchester und seinem Dirigenten Frank Zacher. So hört man Puccini nicht immer.
An den kraft vollen Stellen gab man dem Meister, was des Meisters ist, auch wenn die Sänger alle Mühe hatten durch- und mitzukommen, und an den lyrischen Passagen war das Orchester ganz zart.

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Natürlich, ohne falsches Pathos (Saison 1994/95 von unserem Mitarbeiter Karlheinz Dettweiler)
Wagner-Oper „Der fliegende Holländer” zum Saison Abschluss in der Zweibrücker Festhalle

Die Opern von Richard Wagner sind selbst für große Bühnen nicht unproblematisch. Wie würde sich denn ein kleineres Haus wie das Vogtlandtheater Plauen mit dem „Fliegenden Holländer” auf der ungewohnten Zweibrücker Festhallenbühne zurechtfinden? Die Skepsis war unbegründet.
Die Gäste aus dem Vogtland imponierten mit einer grundsoliden, musikalisch wie ausstattungsmäßig überzeugenden und glaubhaften Wiedergabe …
Regisseur Wolfgang Ansel verwendete, wie beim „Sommernachtstraum” im letzten Jahr, eine schräge Bühne, die viel Übersicht erlaubte, sparsame, aber vielseitig verwendbare Versatzstücke wie Segel, Netze und Stellwände. Eine geschickte Lichtregie sorgte für geheimnisvolles Halbdunkel während der gesamten fast dreistündigen Aufführung, in die auch die Spinnstubenszene mit dem Kernstück der Oper – der Senta-Ballade – mit einbezogen war….
Dazu trug auch das vom 1. Kapellmeister Frank Zacher sehr umsichtig und präzise geleitete Orchester bei, das einen schlanken, durchsichtigen Klang präsentierte, sauber und engagiert musizierte und bis auf wenige Ausnahmen für deckungsgleiches Miteinander mit der Bühne sorgte.

Das Publikum im ausverkauften Haus dankte….. mit langanhaltendem Beifall.
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Dramatische Leidenschaften
Von unserem Mitarbeiter Dr. Karl-Heinz Löbner (1994)

Flucht eines politischen Gefangenen, Folter und Mord, verbunden mit Liebe, Eifersucht und Erpressung. Damit ist die Handlung der Oper „Tosca” von Giacomo Puccini umrissen,…….
Puccini sagte zur Textvorlage, für die sich selbst noch der greise Verdi interessierte: „In dieser Tosca sehe ich die Oper, die mir auf den Leib geschrieben ist und Gelegenheit für eine Fülle von Musik bietet”. Nicht nur Belcanto und außergewöhnliche Harmonik machen die Qualität der Musik Puccinis aus, sondern zugleich die düsteren Klangfarben und hochdramatischen Konturen.
In der jüngsten Premiere der „Tosca” am Theater der Stadt Plauen setzten musikalische und szenische Wiedergabe auf die hochdramatischen, von Leidenschaften geprägten Wirkungen dieses Bühnenwerks. Dirigent Frank Zacher, Regisseur Wolfgang Ansei und Ausstattungsleiter Dietrich Kelterer verwirklichten das gleiche Grundkonzept.
Am Dirigentenpult sorgte Frank Zacher für eine spannungsvolle, klar umrissene musikalische Dramatik ohne Verzicht auf die lyrischen Weiten der Partitur, wobei sich das Plauener Theaterorchester bemerkenswert klangvoll und kultiviert hören lies…

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Gewürzt mit Schalk und einer Prise Ironie
Opernpremiere mit „Martha” am Plauener Theater
(Karl-Heinz Löbner – 2. November 1993)

Von Musik- und Theaterwissenschaftlern gescholten, jedoch von Opernliebhabern wegen der eingängigen populären Melodien immer wieder gewünscht…Aber nur „Martha” hat seit dem Erfolg der Uraufführung 1847 in Wien die Zeiten überdauert, obgleich sie inzwischen schon ein bißchen in die Jahre gekommen ist.
Doch davon spürte man nichts zur jüngsten Premiere am Vogtland Theater Plauen. Die begeisterte Zustimmung des Publikums galt der niveauvollen Einstudierung, einer handwerklich gekonnten Inszenierung und einer soliden musikalischen Wiedergabe.
Gastregisseur Rainer Wenke setzte das Werk mit einigen dramaturgisch sinnvollen Straffungen in Szene. Die diesem Opernsujet eigenen Sentimentalitäten, die Tendenz zu Pseudoromantik und Kitsch wurden durch eine phantasievolle Szenerie kongruent zur Musik überspielt, gewürzt mit einer Portion Schalk und einer Prise Ironie. Zu den besten Regieeinfällen gehört eine kurze szenische Andeutung während der Ouvertüre……
Die Solistenbesetzung war aller Ehren wert. Glockig, kristallklar war der Sopran von Bärbel Kubicek als Lady alias Martha – nicht nur in der kunstvollen Schlichtheit der „Letzten Rose”. Sympathisch und wohltimbriert die Nancy der Kristiina Matti. Pawel Antkowiak bot einen lyrisch schönen, absolut zuverlässigen und differenziert eingesetzten Tenor für die Partie des Lyonel auf.Und Andreas Mitschke war ein stimmlich makelloser, gut nuancierender, trefflicher Plumkett. Die Solistenquartette der Hauptdarsteller erklangen in selten zu hörender homogener Schönheit.
Der Chor hat in Friedrich von Flotows. „Martha” große Aufgaben, die vom Opernchor des Vogtland Theaters und Mitgliedern der Singakademie Plauen glänzend bewältigt wurden (Einstudierung Eckehard Rösler).


Nicht zuletzt verdient die musikalische Leitung von Frank Zacher lobende Anerkennung. Sehr präzis führte er Szene und Orchestergraben zusammen, ließ nie die Sänger vom gut disponierten Philharmonischen Orchester des Vogtland Theaters übertönen, das einen wohlklingenden Beitrag zum guten Gesamteindruck der Premiere leistete.
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Theater der Stadt Plauen: »Don Giovanni«
(Frank Kämpfer/ Theater der Zeit – Mai/91)

In Zeiten der Unsicherheit verliert Theater in der Regel an Politik, bangt zu Recht um die Kasse und gibt sich – was immer das auch heißen mag – gern unterhaltsam und populär.
Nachahmung tritt wieder auf den Plan, Handlungsabläufe werden sorgsam illustriert. Figuren und Szenen beschnitten auf dürre Einschichtigkeit. Beachtung verdient, wer dem widersteht.
Wolfgang Ansels »Don Giovanni« ist gewiß mehr als ein Versuch, anderes zu demonstrieren. Mit bewußter Durchgängigkeit stellt er Kunsthaftigkeit aus, ein Modell, eine Partitur….
Arien reißen Abgründe auf weisen auf Zerissenheit , fulminante Finali bergen die Dramatik unmittelbarer Konfrontation…
Frank Zacher musiziert kraftvoll, mit straffen Tempi, enormer Dynamik…

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Roter Samtvorhang hob sich zu „Don Giovanni”
Plauener Theater würdigt Mozart zu dessen 200. Todestag (F.Reichel)

Am Sonntag war Premiere: mit Beginn der ersten Takte wurde deutlich, daß man auf die Feinheiten der dramatischen Instrumentation sehr bedacht war.
Die düstere Stimmung der Ouvertüre wurde ergänzt durch eine adäquate Einrichtung. Das Unheimliche war dominierend.
Neben dem Schwarz gab es noch die starke rote Farbe – die Farbe der Liebe und des Lebens, aber auch der des Blutes. Die Geschichte wurde uns sehr direkt erzählt – sie wurde uns dargeboten auf einem Podest hinter rotem Samtvorhang mit wunderbaren Trotteln – das grausame Spiel im alten bürgerlichen Theaterguckkasten.
Sehr offen wurden die letzten Stunden des Wüstlings Don Giovanni dargestellt.
In seiner Inszenierung setzt Wolfgang Ansei ganz auf die psychologische Wirkung der Fabel. Er geht dabei mit der musikalischen Struktur der Partitur sehr genau nach. Musik und Szene gehen zusammen – die Geschehnisse erhalten Spannung – vor allem die bekannten Musiknummern verlieren dabei ihre Unverbindlichkeit und werden zwingend…
Auf der Bühne agierte ein überragendes Duo: Don Giovanni und sein wackeres Faktotum Leporello – mit Jürgen Kurth von der Leipziger Oper und Hans-Joachim Staub fanden sich Darsteller, die sängerisch und spielerisch das Spiel von Liebe, Verführung und Untergang im Griff hielten…
Aber wesentlichen Anteil am guten Gelingen dieser Aufführung hatte das Orchester unter Frank Zacher.
Er hatte das Geschehen zwischen Bühne und Orchestergraben fest im Griff. Wichtiger als diese eigentliche Selbstverständlichkeit erschien mir, daß die Impulse für das Bühnengeschehen von einer auf Wirkung zielenden , genau charakterisierenden und den Tonfall zwischen freud- und leidvoll treffenden Wiedergabe der Musik gekennzeichnet war. Hier wurde die Vielfalt der Dynamik ausgelotet, ohne daß die Sänger vom Orchesterklang überdeckt wurden…

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„Saison Mozart” ist eröffnet – Start in Plauen mit Giovanni
Dynamische Mitgestaltung des Orchesters, sängerisch unausgewogen…
Der Gesamteindruck ist mehr statisch, selbst wenn der Titelheld kurzzeitig vom Rang aus und im Parkett agiert.
Die Spannungsmomente kamen zunehmend vom Orchester (Leitung Frank Zacher).
Gewiß, die Ouvertüre hätte zu Beginn noch mehr Intensität und dann mehr Leidenschaft vertragen, aber insgesamt musizierten die Orchestergruppen klangschön und sauber.
Das Plauener Theaterorchester spielte der Bühne die Mozartschen Impulse zu, nuancenreich und sängerfreundlich. Das war keine blasse Zutat, sondern dynamische Mitgestaltung….

Die Moral im Finale – die Überlebenden singen gemeinsam: „Also stirbt, wer Böses tat.” Die Welt scheint für sie in Ordnung. Erst das nachträgliche Hohngelächter des „bestraften Wüstlings” schreckt Darsteller und Publikum auf.
Dr. Karl-Heinz Löbner